Autoren: Uli Borowka mit Alex Raack
Verlag: Edel
Seiten: 304
Inhaltsangabe vom Verlag:
Nicht nur bei den Fans, sondern auch auf dem Spiefeld bilden Alkohol und Fußball häufig eine unselige Allianz. Der Bremer Nationalspieler Uli Borowka war ein gefürchtetes Abwehrbollwerk. Sein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker konnte er vor Fans und Öffentlichkeit jahrelang verheimlichen. Erst zwei Jahre nach seinem Abschied aus der Bundesliga gelang ihm im Jahr 2000 nach viermonatiger, stationärer Therapie der Ausstieg aus der Alkoholsucht. Borowka berichtet in seiner typisch direkten und kompromisslosen Art von Alkohol und Fußball, Freunden und Feinden, Enttäuschungen und Unterstützung.
Rezension von 11FREUNDE:
Eine Geschichte so spannend wie ein Hard-Boiled-Krimi, wäre sie nur nicht so furchtbar wahr. Bundesliga-Bukowski Uli Borowka hat sein Leben aufgeschrieben. Besser gesagt, er hat es von Alex Raack aufschreiben lassen. Einem 11 FREUNDE-Redakteur also, der seinen Job als Journalist nach ähnlichen Maßstäben versieht wie Borowka einst den Beruf als Fußballer: beharrlich in der Aufgabenstellung, kompromisslos in der Durchführung. Das Ergebnis lässt wie eine rauschhafte Partynacht nichts, aber auch gar nichts aus: weder den unschuldigen Ein- tritt ins Profileben noch dessen ekstatische Höhepunkte und schon gar nicht die depressiven Abgründe am Ende. Im fluffigen Up-Tempo- Beat erzählt das Buch zwei Lebensgeschichten: die eines fleißigen Sauerländers, den das Schicksal kurz sogar zum Nationalspieler bestimmt. Und die eines Mannes, den Versagensängste, Orientierungslosigkeit, Langeweile und eine Prise Selbstzerstörung schließlich an den Rand des Selbstmords führen. Über Borowkas »Suff-Beichte« (»Bild«-Zeitung) ist im Vorfeld bereits abendfüllend berichtet worden. Jedes weitere Wort dazu erübrigt sich eigentlich. Nur soviel: Seit »Wir Kinder vom Bahnhof Zoo« ist selten so detailliert und lebensnah der Weg in eine Drogensucht beschrieben worden. Und jeder, der sich nach Feierabend regelmäßig eine Flasche Wein gönnt, darf sich ertappt fühlen, während er liest. Immer wieder sind die heroischen Kapitel mit Exzerpten aus Borowkas Therapieprotokollen gegengeschnitten, die beweisen, dass der schillernde Haudrauf-Kicker ein zutiefst unsicherer, fragiler Charakter ist.
Was die Rezeption der Boulevardmedien unterschlägt, ist, dass Borowkas Buch auch eine rasante Innenansicht des Bundesliga-Alltags der achtziger und neunziger Jahre darstellt. Fans bekommen detaillierten Einblick in die Trainingsarbeit des jungen Jupp Heynckes. Borowka schildert die Initiationsriten des Nachwuchsspielers: Das wöchentliche Wiegen, bei dem jedes Kilo über dem Idealwert 1000 Mark in die Mannschaftskasse bedeutet. Die körperlichen Übergriffe der Mitspieler beim Trainingsspiel und Konditionseinheiten, »vor denen ich mehr Respekt hatte als vor einer Meniskus-OP«. Die Puff-Besuche und Einstandszeremonien. Es ist ein ständiger Wechsel zwischen Hochgefühl und Zurückweisung. Von Spielerberater Norbert Pflippen wird Borowka für zu schwach für die große Karriere befunden. Gladbach-Manager Helmut Grashoff hält ihn an der kurzen Leine. Während Otto Rehhagel viele Eskapaden deckt und ihm immer wieder Alibis verschafft, erweist sich Willi Lemke laut Borowkas Schilderungen als gewissenloser Trickser. Alles funktioniert nach einer Fragestellung, die der Profifußball scheinbar vorgibt: Wer zockt hier wen ab? Eine Problematik, die Borowka auf dem Rasen stets mit Darwin beantwortet. Etwa wenn er den jungen Olaf Thon schon vor dem Anpfiff minutenlang fixiert und ihm androht, ihn in die Welt des Schmerzes zu entführen. Als sich irgendwann seine erste Ehefrau von ihm abwendet, weil das große Geld ausbleibt, wehrt sich Borowka also in erprobter Weise: Im Alkoholsumpf ertrinkend, geht er auf die Gattin los. Es gibt nicht viele Menschen, die den Mut hätten, ihre seelische Verwahrlosung so offen und en detail zu offenbaren. Uli Borowka hat sich dazu entschieden – denn dieses Leben liegt hinter ihm. Die Therapie war erfolgreich. Und dieser reale Fußballkrimi mündet in ein Happy End.