Fantasie-Ablösesummen und -Gehälter für Superstars. Vereine in den Händen von Oligarchen, Scheichs und Hedgefonds. Gebührenexplosion bei Bezahlsendern. Die WM in Katar …
Im Jahr 1992 ändert sich im Fußball alles: Die Champions League wird gegründet. In Deutschland startet mit »ran« das neue Zeitalter des Fernsehfußballs. In England entsteht die Premier League, die heute global erfolgreichste Fußballliga. Es beginnt das Goldene Zeitalter des modernen Fußballs. In neuen Stadien spielen Super-Teams mit Super-Spielern unter der Anleitung visionärer Super-Trainer für ein global wachsendes Publikum. Doch die Erfolgsgeschichte ist von Beginn an durchsetzt von großem Unbehagen und Entfremdung. Alles wird zur Ware: Vereine und Ligen, Spieler und selbst die Emotionen der Fans. Derweil erodiert der sportliche Wettbewerb und bringt die immer gleichen Seriensieger hervor.
Nach drei Jahrzehnten gipfelt die Entwicklung 2021 im Versuch, eine exklusive »Super League« zu gründen. Der Krieg in der Ukraine offenbart die geopolitischen Verstrickungen des Fußballs, und die Weltmeisterschaft im Winter 2022 in Katar offenbart den moralischen Ausverkauf des Weltfußballverbandes FIFA.
Christoph Biermann legt die Abgründe und Widersprüche einer Blütezeit offen, in der sich der Fußball inzwischen komplett verfangen hat. Und er versucht, Wege aus dem Dilemma zu zeigen.
Rezension aus 11FREUNDE:
Temporeiche Geschichtsstunde
Bald werden einige von uns bei Glühwein und Spekulatius eine WM verfolgen, während andere sie gezielt ignorieren. Wir alle werden uns aber fragen, wie wir an diesen Punkt gekommen sind und wann das begonnen hat. Zumindest die zweite Frage beantwortet Kollege Christoph Biermann schon nach wenigen Sekunden der Lektüre, denn der Untertitel seines neuen Buches lautet: „Die wahre Geschichte des modernen Fußballs von 1992 bis heute“. Für die erste Frage braucht der Autor ein paar Seiten mehr, hält aber sein Anfangstempo ebenso ein wie sein Versprechen. Nie zuvor sind all die komplexen Entwicklungen, die den Fußball auf und abseits des Rasens in den letzten dreißig Jahren in die Mangel nahmen, so kompakt und dennoch detailreich geschildert worden wie hier. Kutten und Ultras, Scheichs und Oligarchen, Starspieler und Pressingpäpste, Funktionäre und Literaten – sie und viele andere formen ein Sittengemälde, dessen Entstehung man, wie Biermann schreibt, „als Erfolgsgeschichte, aber auch als die eines Niedergangs erzählen kann“. 11 FREUNDE-Leser werden große Teile der Geschichte kennen, aber trotzdem viel lernen. So hatte der Rezensent völlig vergessen, dass 1992 auch das Jahr war, in dem viele spanische Klubs gezwungen wurden, zu AGs zu werden. Warum Real und Barça nicht? Nun, weil sie keine Schulden machten. Da sage noch einer, der moderne Fußball sei humorlos.