Rezension von 11FREUNDE:
Jason ist 12 Jahre alt und hasst Veränderungen. Er mag es auch nicht, wenn sich unterschiedliche Lebensmittel auf dem Teller berühren, Pasta und Sauce etwa. Jason popelt zudem passioniert in der Nase und interessiert sich für die Chaostheorie, er betreibt dazu sogar ein eigenes Forschungsprojekt. Außerdem ist er seit sieben Jahren mit seinem Vater unterwegs auf der Suche nach einem Fußballverein, von dem er Fan sein kann. Man ahnt, dass Jason ein eher ungewöhnliches Kind ist, was vor allem daran liegt, dass er Asperger hat, eine Form des Autismus. Man ist an dieser Stelle versucht zu schreiben, dass er „unter Asperger leidet“, aber sowohl Jason als auch sein Vater würden dem vehement widersprechen. Wobei man natürlich mitunter schon Mitleid mit „Papsi“ entwickelt, weil der sich den unendlich vielen, oft komplexen Regeln seines Sohns beugen muss. Jason braucht sie aber dringend, um seine Welt in Ordnung zu halten und nicht völlig frustriert zu sein. Dann rastet er total aus und es wird hässlich. Interessant ist, dass viele dieser Regeln für ihn gerade im Fußballstadion außer Kraft gesetzt sind. Hier hält es Jason aus, wenn andere Menschen ihn ungefragt berühren oder die Wurst zusammen mit dem Ketchup kommt. Im Stadion versteht er plötzlich die Ironie hinter vielen Transparenten und Gesängen, für die er sonst blind ist. Auch wenn er die Dinge manchmal zu wörtlich nimmt und sich in der Schalker Nordkurve plötzlich auf die Stufen hockt, weil um ihn gesungen wird: „Steht auf, wenn ihr Schalker seid!“ Jason gefallen alte Stadien, wo Unkraut aus den Ritzen sprießt und ungewöhnliche Dinge zu entdecken sind. Ihn macht Fußball auf eine ganz spezielle Weise deshalb glücklich, weil Fußballstadien eine abgeschlossene Welt mit besonderen Abläufen und Regeln sind. Und ist es nicht das, was auch uns gefällt und mit diesem Jungen verbindet? Jasons Vater hat auf dem Blog „Wochenendrebell“ ihre Suche nach einem Klub für Jason schon länger beschrieben. 2017 gab’s für den Blog sogar einen Grimme-Preis. Das Buch fasst die Ereignisse noch einmal zusammen. Wie alle wirklich guten Fußballbücher ist auch dieses keines nur über Fußball. Eigentlich ist das Spiel hier sogar nur ein Nebendarsteller. Die Helden sind Vater und Sohn und eine Geschichte, die vor allem von einer in ihrer Kompromisslosigkeit atemberaubenden Liebe von Eltern für ihr Kind erzählt und welche Kraft sie freisetzt.